True Crime und mein Schock in der Schule

Am Wochenende war ich ja in der Schule, um jungen Leuten was über Journalismus zu erzählen. Nach einer Weile kamen wir in einen Dialog und dann auch bald zwanglos zu der erwartbaren Frage: „Wofür interessiert Ihr Euch denn so???“

Wofür die Jungs sich Interessen, weiß ich immer noch nicht.

Die Mädchen jedenfalls interessieren sich für True Crime-Podcasts. Und zwar, wie man an Stimmlage, Gestik und Mimik unschwer ablesen konnte: mit der allergrößten Begeisterung.

Und klar: Ich erinnere mich an die alte Weisheit aus dem Buchhandel, dass „Krimis von Frauen gekauft und gelesen werden“. Aber dass schon die 17-Jährigen so heftig auf das Genre abgehen, hat mich dann doch auf dem falschen Fuß erwischt.

Hab grad viel Arbeit, deshalb nur ein paar Funde dazu. Eine Studie aus dem Jahr 2018 hat ergeben: Die Zuhörerschaft bei True Crime-Podcasts ist zu 73 Prozent weiblich. Die meisten Leute hören sich so was an, um sich zu unterhalten, weil’s irgendwie bequem ist und weil sie einfach Langeweile haben. Offenbar hatten die Frauen in der Zielgruppe eine leicht andere Motivation als die Männer. Sie hören die Shows eher gemeinsam mit anderen Frauen (oder um hinterher drüber reden zu können), um sich für eine Zeit aus ihrem grauen Alltag wegzubeamen und aus Gründen des Voyeurismus. Mord, Totschlag, sexuelle Gewalt – man will einfach wissen, was hinter den Haustüren der anderen so zum Alltag gehört.

Eine der Autorinnen hat inzwischen ihre Dissertation über besagtes Genre raugehauen. Darin findet man noch mehr interessante Sachen. Dort steht: Die MacherInnen der Sendungen haben sich längst auf ihre wichtigste Zielgruppe eingeschossen. Sie erzählen überwiegend Geschichten, in denen die Opfer heterosexuelle, weiße Mittelklassefrauen sind. Damit sich die Kundschaft besser mit dem Stoff identifizieren kann. Clever!

Doch der weibliche Hang zu True Crime-Podcasts scheint noch eine weitere Ursache zu haben, wie die Dissertation vermerkt: Viele Frauen sehen den Real-Krimi auch als eine Art Schule des Lebens. Man möchte vorbereitet sein, wenn das Böse zuschlagen will: „My findings echo findings from earlier studies on women who read true crime novels, showing that women like reading novels with female protagonists and that they want to learn survival skills in case of an attack.“

Das war’s schon für heute. Ich kenn das Genre nicht. Keine böse Absicht, hab meine Zeit einfach mit anderen Dingen zugebracht. Wollte nur mal meinen persönlichen „Schock in der Schule“ mit Euch teilen und ein paar schnelle Erklärungen hinterherschmeißen. Welche gibt es noch? Was hab ich übersehen? Was fasziniert Euch an solchen Podcasts? Interessiert mich wirklich. Schreibt mir.

Bis bald.

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