„Reden alle nur immer von sich selbst?“ – und andere Sachen am Kiosk

So. Es wird mal wieder Zeit für Eigenwerbung.
In der Novemberausgabe von Psychologie Heute steht eine rund sechs Seiten lange Geschichte von mir, der die Redaktion den schönen Titel „Ich! Ich! Ich!“ gegeben hat. Sie befindet sich jenseits der eine Paywall. Man muss sie digital kaufen – oder sich das Heft am Kiosk holen. Beides kann ich empfehlen, man wird nicht dümmer davon.

Anstoß zur Geschichte war übrigens eine Bemerkung der Chefredakteurin: „Nach meiner Erfahrung ist ja das Problem, dass alle gerne von sich reden wollen – und keiner will zuhören.“ Bei solchen Sätzen krieg ich sofort große Ohren. Hat sie recht? Und wenn ja: Was fängt man damit an? Genau davon handelt die Geschichte.

Die kurze Fassung lautet: Ja, da ist was dran. Es gab in den vergangenen Jahrzehnten immer wieder Studien dazu. Wir reden tatsächlich sehr viel über uns selbst. Mach ich hier ja auch.

Mein Lieblingssatz

„Gute Gespräche funktionieren wie Pingpong. Und das im doppelten Sinn. Bekanntermaßen handelt es sich beim Tischtennis um die schnellste Rückschlagsportart der Welt. Und auch in Gesprächen kommt es auf die Reaktionsschnelligkeit an … Ausgeglichene Redezeit, häufige Wechsel, kurze Pausen – all diese Merkmale guter Gespräche sind in einer Ego-Unterhaltung schlechterdings nicht zu haben.“

JM: „ich! Ich! Ich!“, Psychologie heute 11/20, S. 46

Bei der Recherche bin einigen alten Bekannten begegnet. Zum Beispiel Jim Burnstein, der an der University of Michigan lehrt, wie man Drehbücher schreibt. Mit ihm habe ich über Dialoge in US-Serien und US-Filmen gesprochen. Wir kannten einander von zwei, drei Zufallsbegegnungen in und um Ann Arbor. Jim hält den Film „Die Reifeprüfung“ für einen Meilenstein westlichen Drehbuchschreibens. Der Film ist bis obenhin voll mit Gesprächen, in denen es zu keiner Verbindung zwischen den Personen kommt. Leeres Gerede. Sounds of Silence. Jim sagt: Ausgerechnet im ersten Moment des Films, der eine wirkliche Begegnung zeigt, werden wir als Zuschauer ausgeschlossen. Ben und Elaine sitzen dabei im Autokino – und kurbeln im entscheidenden Moment das Seitenfenster hoch. Wir bleiben draußen. Die Szene ist mir vorher nie aufgefallen. Ansonsten hat mich auch der Film „The Meyerowitz Stories“ fertig gemacht, wo vor allem Dustin Hoffman und Ben Stiller grausam grandiose Dialoge sprechen, die ausschließlich aus gleichzeitig stattfindenden, ohrenlosen Selbstgesprächen bestehen. Das Gegenstück dazu ist natürlich die Mumblecore-Serie „Easy“, die in ihren besten Momenten genau das Gegenteil zeigt: dass Begegnung – wahre Begegnung – im Gespräch tatsächlich möglich ist.

Dem großartigen Mor Naaman verdanke ich ein Paper über die Kommunikation auf Twitter. Mor sagt: Viele Nutzer reden dort fast nur von sich. Andere reden über andere Sachen. Mor nennt die einen „Meformer“ und die anderen „Informer“. Grob gesagt, lautet seine Analyse: Die Meformer sind häufiger. Die Informer haben aber mehr Follower. Kann man sich auch mal merken.

Am Kiosk liegt noch mehr

Zum Beispiel die neue Ausgabe von „P.M. History“.

Dafür habe ich ein längeres Porträt über Ferdinand Porsche beigesteuert. Interessanter Mann. Krass, was er alles erfunden hat. Sein erstes Elektroauto fuhr schon im Jahr 1900. Bald darauf hat er ein Hybridauto konstruiert. Er hat an Flugzeugen mitgeschraubt, an Luftschiffen, sogar Pläne für eine Art Elektro-Hubschrauber lagen in seiner Schublade – und zwar schon vor dem Ersten Weltkrieg. Im zweiten Krieg spielte er eine eher düstere Rolle. Sein Sohn hat später behauptet: „Höchstens ein halbes Dutzend Männer in ganz Deutschland konnten es wagen, sich Hitler gegenüber frei und offen zu äußern, und mein Vater war einer von ihnen.“ Manche haben Porsche als eine der „großen Verbrechergestalten“ der Nazizeit bezeichnet. Andere sehen in ihm nur den „besessenen Tüftler“, der sich für Politik nie interessiert habe. Fraglich, ob das ein Widerspruch sein muss. Fest steht: Wolfsburg, der Käfer – ohne Porsche hätte es beides nicht gegeben. Porsche hat Deutschland zum Autoland gemacht.

Nicht verschweigen will ich auch die aktuelle Ausgabe von „P.M. Fragen & Antworten“.

Darin beantworte ich ein halbes Dutzend Fragen aus der Psychologie. Zum Beispiel jene, ob ältere Geschwister wirklich mehr Verantwortung übernehmen als ihre jüngeren Schwestern und Brüder. Ich will die Antwort hier nicht spoilern. Aber … naja …, was wir darüber üblicherweise zu wissen glauben, stimmt vermutlich nicht.

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