Wenn man in Deutschland ein Schild liest, das etwas verbietet, oder das dem widerspricht, was das Schild daneben sagt, dann denkt man: typisch deutsch!
Neulich hab ich hier in der Nachbarschaft dies entdeckt: Das Schild links besagt, dass Hunde anzuleinen sind und man die Leine dabei immer in der Hand zu halten hat. Hundehaufen muss man sofort wegräumen. Außerdem sind – so sagt das Schild rechts – Haustiere hier verboten. Die Leute in Ann Arbor haben sich vermutlich gedacht: Dämliche Schilder aufhängen – das können wir hier auch!
Genau das hab ich mir auch gesagt und nach Georgs Rezept Osterpinze gebacken. Man muss dafür weder Österreicher sein, noch sich in Österreich aufhalten. War lecker.
Ein ähnlicher Gedanke scheint meinen Schwager Tobi beschlichen zu haben. Die Bilder von den Fairy Doors aus Ann Arbor haben ihn inspiriert. Jetzt hat er bei sich zu Hause – unweit der Schweizer Grenze – auch so eine Feentür gebaut. Seine Version scheint mir feiner und filigraner geworden zu sein als die Vorbilder aus Michigan.
Neulich noch was über die deutschen Auswanderer gelesen, die hier in die Stadt gekommen sind. Es scheint nach der gescheiterten Revolution von 1848 eine Welle gegeben zu haben. Die Deutschen hat keine wirtschaftliche Not nach Michigan gebracht, sondern die Sehnsucht nach Freiheit. Angeblich haben sich viele Familien in der Liberty Street angesiedelt. Auch interessant.
Bei der Fahrt durch die Stadt zum ersten Mal gesehen, dass die Fahnen auf Halbmast hängen.
„Es ist so: Sie nehmen schon wahr, ältere Menschen, dass es für sie schlimmer wird, wenn sie an COVID erkranken. Aber sie denken: ‚Ach, ich werde es schon nicht kriegen.'“
Ei #2. Aus den USA hab ich genau dazu jetzt eine Studie gefunden. Zwei Erkenntnisse daraus. Zum einen: Wer glaubt, dass er das Virus wahrscheinlich kriegt, wäscht sich ordentlicher die Hände und hält mehr Abstand. Keine Überraschung. Zum anderen: Der Glaube, bei einer Erkrankung übel dran zu sein (weil Risikogruppe), verändert das Verhalten aber überhaupt nicht. Die Forscher haben da keinen statistischen Zusammenhang entdeckt. Finde ich erstaunlich. Könnte also sein, dass unsere Eltern und Großeltern schlampiger sind, als wir glauben. Naja. „Könnte sein“. Weil: Man kann Studien selten so einfach zusammenzählen. Trotzdem. So als Faustregel nehm ich das jetzt mal mit.
Ei #3. Vorgestern hab ich über Football in Ann Arbor geschrieben. Hierzu ein kleiner Nachtrag: Das wichtigste Spiel des Jahres ist für die Michigan-Leute („Michiganders“) stets das Derby gegen Ohio State. Das wird dann fast so emotional wie HSV gegen Pauli oder Schalke gegen Dortmund. Warum? Weil die Rivalität schon 200 Jahre alt ist. Michigan und Ohio haben sogar mal Krieg gegeneinander geführt. Unglaublich, oder? Beim „Toledo War“ ging’s – wie so oft – um einen schmalen Geländestreifen, von dem beide Seiten behaupteten: Das hier ist meins! Beigelegt wurde die Sache durch einen Kompromiss: Der Toledo-Streifen ging an Ohio, Michigan bekam dafür Teile der Upper Peninsula zugesprochen. Hier ein Bild von der Oberen Halbinsel. Sieht schön aus da. Alles richtig gemacht, oder?
Ei #4. Gleich noch ein lustiges Detail hinterher. Der Deal zwischen Ohio und Michigan wurde im Dezember 1836 abgesegnet. Und zwar wo? Natürlich hier in Ann Arbor! Die Tage waren kalt, die Heizungen miserabel. Man unterschrieb mit eisigen Fingern – das Treffen ging als die „Frostbitten Convention“ in die Geschichte ein. Glaub ich alles sofort. Die Story hat mir gestern und heute ein wenig Heiterkeit beschert.
Ei #5. Nicki steht heute in der Zeitung. Eine Reporterin des „Atlantic“ hat sie angerufen und wollte wissen, warum Zoom-Happy-Hours keinen Spaß machen – also Kneipenabende per Videokonferenz. Nicki hat heftigst widersprochen. Tun sie doch! Aber ein paar Dinge muss man per Videokonferenz halt anders machen. „Wenn man versucht, seine alten Gewohnheiten einfach so auf Zoom oder FaceTime zu übertragen, dann ist das, als würde man Vegetarier werden und dann immer nur miesepetrig Tofuschnitzel mümmeln, statt kreativ zu werden und leckere neue Rezepte aus frischem Obst und Gemüse auszutesten.“ Hab ich so ähnlich vor ein paar Tagen ja auch schon mal erzählt.
Ei #6. Die Lokalpresse hat dieser Tage schlimme Dinge aus Detroit berichtet und das dortige Sinai-Grace-Krankenhaus als „Kriegsgebiet“ bezeichnet. Angeblich sterben die Leute dort auf den Fluren. Mitarbeiter werden mit der Aussage zitiert, dass ihnen die Säcke für die Toten ausgehen. Knapp 1400 Menschen sind bisher in Michigan an Covid-19 gestorben. 85 Prozent davon kommen aus der Metropolregion Detroit. Schlimm. Aber auch seltsam: Es ist alles so nah, aber trotzdem weit weg. Man ist als Mensch: ein seltsames Wesen.
Ei #7. Unsere Freundin Silvia aus Ann Arbor hat sehr gute Verbindungen nach China. Jetzt hat sie auf eigene Kosten von dort 200 der guten N-95-Masken einfliegen lassen und sie an Krankenhäuser in Detroit abgegeben. Inzwischen sammelt Silvia über Gofundme Privatspenden ein, um weitere Pakete zu bestellen. Während ich diese Zeilen schreibe, haben schon 95 Leute da mitgemacht. Tolle Sache.
Okay. Einen hab ich noch. In Menlo Park haben Nicki und ich Georg kennengelernt. Er kommt aus Österreich und hat mir gerade per Mail das Rezept für seine Osterpinze geschickt. Die darin enthaltene Formulierung „1Packerl Germ“ rührt mich fast zu Tränen.
Frohe Ostern!
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