Die sozialen Medien haben die Art und Weise verändert, wie Menschen miteinander kommunizieren. Zum Beispiel beeinflussen sie den Umgang mit der Wahrheit – aber anders, als wir gemeinhin vermuten. Das behauptet der aus Kanada stammende Stanford-Psychologe Jeff Hancock.
Wer social media erforscht, steht grundsätzlich vor einem Problem: Das, was man da untersucht, wandelt sich oft sehr schnell. Damit man trotzdem etwas Bleibendes findet, bedient man sich eines Tricks: Man guckt sich an, was die jeweilige Plattform alles möglich macht, was man also alles damit anfangen kann – oder eben nicht. Genau diese Features nennt man in der Wissenschaft „Affordanz“ (affordance). Mit diesem Begriff arbeitet Jeff Hancock. Er fragt sich: Ist ein Medium flüchtig oder kann man sich die Sache später noch einmal in Ruhe ansehen? Kann mich der andere sehen, während wir kommunizieren? Läuft die Kommunikation synchron – oder habe ich ein wenig Zeit, um zu antworten? All das hat Konsequenzen für den Grad unserer (Un-)Ehrlichkeit. So besagt es die Theorie – und so bestätigen es auch die empirischen Daten, die man in der Forschung dazu erhoben hat. Übrigens: Die meisten Lügen fand Jeff Hancock dort, wo Menschen miteinander telefoniert haben (flüchtig, man sieht einander nicht – und muss beim Reden immer wieder improvisieren). Psychologie Heute, 8/2016
