Quellen und Links zur Podcastfolge „Voll berührt von Berührung“ aus der Reihe „Sag mal, du als Psychologin …“, Folge III/6

Los geht’s mit den Quellen und Links zur Podcastfolge „Voll berührt von Berührung“ aus der Reihe „Sag mal, du als Psychologin …“, Folge III/6″.

Machen wir uns nix vor: Umarmungen sind toll. Für die meisten, nicht für alle. Wie das alles mit Oxytocin zusammenhängt, das war mir lange Zeit entweder nicht klar oder ich hab’s nicht geglaubt. Naja. Die Zeit war gekommen, daran was zu ändern. Wissenschaftsjournalismus ist ja immer auch Luxus: Man folgt dabei der eigenen Neugier und beschäftigt sich mit Sachen, die man schon immer genauer verstehen wollte. Jetzt wissen Barbara, Muriel und ich ein bisschen mehr darüber – und das Beste an diesem neuen Wissens teilen wir in dieser Folge mit Euch :-).

Am Anfang reden wir eine ganze Weile über eine Studie, die eine Art „Weltatlas der Berührung“ erstellt hat. Dass wir in Deutschland den Weltpokal im „Einander-den-Arm-um-die-Schultern-legen“ errungen haben, ahnt man nicht erst seit den romantischen Gemälden von Caspar David Friedrich (siehe oben), man findet es auch empirisch belegt im Paper Affective Interpersonal Touch in Close Relationships: A Cross-Cultural Perspective. In „Figure 2“ seht Ihr dort auch die Piktogramme, mit denen man den Menschen erklärt hat, worum’s dabei eigentlich geht.

Paare, die einander viel berühren, sind glücklicher, umgekehrt leidet unsere Gesundheit, wenn Berührung fehlt. Beispielhaft zitiere ich hier mal dazu den Forschungsüberblick im Paper “Touch Me If You Can!”: Individual Differences in Disease Avoidance and Social Touch“ in „Evolutionary Psychology“.

Sehr viele Details unserer Folge – auch über verschiedene Interventionen – könnt Ihr in der ziemlich neuen Meta-Analyse „A systematic review and multivariate meta-analysis of the physical and mental health benefits of touch interventions“ nachlesen.

Wie oft muss man jemanden umarmen, um weniger gestresst zu sein? Eine Antwort liefert die Studie „Hugs and Cortisol Awakening Response the Next Day: An Ecological Momentary Assessment Study“.

Unseren Berührungs-Fragebogen haben wir geborgt aus der Dissertation „Individual Differences in Comfort with Interpersonal Touch and the Effects of Nonverbal Social Influence in Consumer Contexts“ von Andrea Webb Luangrath von der University of Wisconsin-Madison.

Berührungen sorgen für höhere Trinkgelder im Restaurant. So steht’s in der klassischen Studie „The Midas Touch: The Effects of Interpersonal Touch on Restaurant Tipping“.

Danach reden wir über diverse Studien von Bret Jakubiak von der Syracuse University. Ihr Vortrag auf der SPSP-Konferenz 2022 hat das ganze Thema für mich erst so richtig auf den Plan gebracht. Danach wusste ich: Darüber werd ich irgendwann ne größere Geschichte schreiben. Oder ne längere Podcastfolge machen. Und so ist es jetzt auch wirklich gekommen. 🙂

Wie schnell oder langsam muss uns jemand streicheln, damit wir das als angenehm empfinden? Die Antwort findet Ihr zum Beispiel in dem tüchtigen Forschungsüberblick The Functions of Human Touch: An Integrative Review.

So. Jetzt Oxytocin. Die Karriere dieses Stoffes im Verlauf der Evolution und überhaupt die ganze Debatte um Oxytocin vs. Endorphine kann man nachlesen im großartigen Buch Robin Dunbar: „Friends: Understanding the Power of our Most Important Relationships“. Ich hab’s nicht verlinkt, Ihr findet das Buch auch so.

Viele der frühen Wühlmaus-Studien zu Oxytocin und Partnerbindung stammen aus dem Labor von Sue Carter.

Wir sprechen danach über drei vielzitierte Oxytocin-Studien von der Uni Zürich. Die eine fand eine Verbindung von Oxytocin und Vertrauen. Die zweite zeigte, dass Oxytocin unseren Stress senkt, die dritte, dass Paare durch Gaben von Oxytocin positiver miteinander kommunizieren. Wie schon gesagt: Diese Studien haben ne Menge Widerhall gefunden. Heute sieht man das alles weniger enthusiastisch. Die Sache ist viel komplizierter und unklarer, als meine Medien-Kolleginnen und -Kollegen das noch vor einigen Jahren geglaubt und verkündet haben.

Ich hatte noch einen längeren Exkurs geplant zu Oxytocin-Ausschüttungen unter dem Einfluss von MDMA. Long story short: MDMA sorgt dafür, dass unser Körper große Mengen von Oxytocin freisetzt. Subjektiv empfinden wir sehr viel Liebe zu unseren Mitmenschen, solange die Substanz wirkt. Die Effekt sind stärker als bei Menschen, denen man Oxytocin direkt verabreicht. Zumindest in der Studie „Plasma oxytocin concentrations following MDMA or intranasal oxytocin in humans“.

Was es auch nicht in unsere Podcastfolge geschafft hat („too nerdy!“), war die Frage, ob Oxytocin die Blut-Hirn-Schranke überwinden kann. Oxytocin wirkt ja an vielen, vielen Stellen im Körper – aber eben auch im Gehirn. Es ist Hormon und Neurotransmitter zugleich. Tja. Wenn jemand sein Verhalten verändert, weil er oder sie sich Oxytocin per Nasenspray verabreicht hat, dann scheint da ja irgendwas im Gehirn zu passiert. Aber geht das wirklich? Gelangt der Stoff überhaupt dorthin? Die meisten Fachleute sagen: Nö, Oxytocin kann die Blut-Hirn-Schranke nicht überwinden. Es gibt allerdings einige neuere Paper, die behaupten: Vielleicht geht es doch, wir haben nur die Mechanismen dahinter nicht richtig verstanden. Tja. Wer braucht diese Info? Keine Ahnung. Ich hau’s trotzdem mal raus, weil ich’s interessant fand. Die Dinge sind – wie so oft – komplizierter, als man sich das gedacht hat und sie sind sicher VIEL komplizierter, als sie uns gerne verkauft werden.

Trotzdem: Verschenkt Umarmungen, sie tun gut und stiften Freundschaft, egal, ob das jetzt am Oxytocin liegt oder am β-Endorphin, wie Robin Dunbar glaubt. β-Endorphin ist eh ein krasser Stoff, eine harte Droge. Man würde für den Verkauf auf dem Wochenmarkt im Knast landen – unser Körper produziert das Zeug selbst und zwar ganz umsonst. Seltsame Welt.

Macht’s gut!

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