
In Detroit eingecheckt. War nicht viel los da. Nahezu gar nix.

Trotzdem eine relativ zähe Schlange beim Einchecken. Mein Eindruck: Viele Leute, die jetzt über den Atlantik fliegen, wollen für länger in Europa bleiben und bringen zum Teil gigantische Gepäckmassen mit. Die Leute hinterm Schalter gehören aber zu einem System, das auf eine Situation optimiert ist, in der Standardkundschaft in hoher Zahl anrückt. Was hat man jetzt? Viel weniger Passagiere – aber fast jeder fällt aus dem Raster. Ein junger Athlet hat ein halbes Dutzend Eishockeyschläger dabei. Eine siebenköpfige Familie bringt überschwere Koffer und einen Kinderwagen mit. Ein junges Ehepaar hat einen fast 40 Kilogramm schweren Riesenkoffer am Start. Und so weiter. Das Personal diskutiert jeweils, wie man all diese Dinge am besten ins IT-System einpflegt. Ich meine das nicht als Beschwerde. Ich beobachte nur. Ist immer dasselbe, wo Prozesse industriell durchoptimiert werden: Jede Ausnahme wird zur Schwäche. Ich muss da demnächst mal mehr drüber schreiben. Immerhin: Abstand, Masken. Läuft alles. Manche Sitze im Wartebereich werden gesperrt, damit die Leute nicht zu nah aufeinander hocken.

Ein Schild weist mich darauf hin, dass die Behörden mein Foto womöglich für länger speichern. Bilder von US-Bürgern werden dagegen nach zwölf Stunden gelöscht.

Der Mann vom Sicherheitsdienst sagt: Vor ein paar Wochen war hier noch komplett Totentanz. Jetzt sind sie immerhin bei 3000 Passagieren am Tag. Immer noch viel weniger als sonst. Die meisten Shops sind geschlossen. In den anderen: keine Kundschaft.
Im Flugzeug (Delta) bleiben alle Mittelsitze leer. Alle tragen Masken – die Profis und die Reisenden.

Man drückt mir am Eingang ein verpacktes Desinfektionstüchlein in die Hand. Wie nett.

Die meisten Leute verhalten sich ansonsten wie immer. Nur ein Mitreisender (Ziel: Norditalien) wirkt nervös. Das Flugzeug scheint mir übrigens nagelneu zu sein. Seltsam.
Ich inspiziere den Waschraum nach etwa vier Stunden in der Luft. Die Anlage habe ich zu vergleichbaren Zeitpunkten noch nie so sauber gesehen. Liegt, wie ich glaube, an drei Faktoren:
– 40 Prozent der Sitze sind leer.
– Die Leute scheuen den Gang zur Zelle.
– Man feudelt immer mal wieder durch (das vermute ich nur, gesehen hab ich’s nicht).
Während des Fluges aus Langeweile ein Quiz absolviert. Highscore! Aus Übermut den Namen „Joe Biden“ in die Liste eingetragen. Als subversives Statement zur aktuellen Präsidenten-Debatte.
Dann Amsterdam.
Junge. Das ist ein ganz anderer Schnack. In den gastronomischen Ecken sieht’s hier schon wieder aus wie vor Corona. Zu viele Menschen pro Quadratmeter. Meine Meinung. Längst nicht alle tragen Masken. Gilt vor allem die Leute, die hier arbeiten. Soziale Normen variieren von Gegend zu Gegend, wie mir scheint. Schiphol ist aber halt auch locker vier Mal größer als der Flughafen von Detroit.

Interessant, dass man auch hier Aufkleber benutzt, um die Leute zum Abstandhalten zu ermutigen. In Detroit klebt der Sticker am Sitz. Hier: auf dem Fußboden.

Noch bin ich nicht durch. Insgesamt jedoch fühlt sich die Reise bisher weniger verrückt an, als ich sie mir vorgestellt habe.
Ich lächle fast unter Maske und Sorgenfalten.

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