
In meinen Kreisen hier wird gerade viel über „implicit bias“ geredet. Das sind unbewusste Vorurteile gegen „die anderen“, also gegen Leute, die nicht zu unserer Gruppe gehören. „Unbewusst“ heißt: Wir haben Vorurteile, kriegen es aber nicht so richtig mit.
Viele Psychologen sagen: Jeder hat unbewusste Vorurteile. Das heißt nicht, dass sie in Ordnung sind.
2018 hat man herausgefunden, dass die unbewussten Vorurteile der weißen Bevölkerung in einem Bezirk der USA ein guter Prädiktor dafür sind, wie häufig es dort zu tödlicher Polizeigewalt kommt.
Es gibt deshalb Trainingsprogramme, um diese unbewussten Vorurteile zu verändern oder zumindest bewusster zu machen.
Der Senat von Michigan hat – als Reaktion auf die „Black Lives Matter“-Proteste – gerade dafür gestimmt, ein solches Training für die Polizei verpflichtend zu machen. Man muss zugeben: Politik ist schwierig. Vermutlich ist die Zwangsschulung irgendwie ein richtiges Signal.
Aus Sicht der Psychologie ist es aber rausgeschmissenes Geld.
Das sagt zumindest Jack Glaser von University of California in Berkeley, der seit vielen Jahren zu diesem Thema forscht. Ich habe ihn gestern bei einer Zoom-Diskussion gehört. Glasers Nachdenken über Vorurteile, so sagt er, hat schon in seiner Kindheit begonnen. Seine Großeltern sind in Auschwitz ums Leben gekommen. Seine Mutter hat überlebt, das Trauma aber mit über den Atlantik genommen. Glaser sagt über Implicit-Bias-Training:
„Tut mir leid, das sagen zu müssen, aber die Forschung zeigt bislang, dass keines dieser Programme funktioniert. (…) Wir haben wenig Grund zur Annahme, dass diese Trainingsprogramme das Verhalten der Polizeibeamten ändern. Meiner Meinung nach muss man die Schulung impliziter Vorteile auf der Management-Ebene anpacken – sowohl bei der Polizei als auch in anderen Umfeldern.“
Prof. Jack Glaser, UC Berkeley
Das ist ein Beispiel von vielen dafür, dass Missstände, die psychologische Wurzeln haben, sich dennoch nur schlecht psychologisch lösen lassen.