
In Ann Arbor/Michigan lassen sie bei „Trader Joe’s“ nur noch eine begrenzte Anzahl von Kunden gleichzeitig in den Laden. Die Schlange vor dem Eingang geht einmal ums Eck. Die Leute stehen brav in sechs Fuß Abstand zueinander. Manche tragen Handschuhe, 20 Prozent haben Mund und Nase mit Masken bedeckt. Seit vergangenem Montag gilt auch in Michigan „Shelter in Place“.

Ein Mann mit Gehbehinderung nähert sich dem Eingang. Der Marktleiter bittet ihn, sich hinten anzustellen. Die Leute in der Schlange bestehen darauf, den Mann vorzulassen. „Fine with me – the crowd has decided“, sagt der Marktleiter. Zwei Mitarbeiter stehen am Eingang, sie tragen Handschuhe. Durchs Fenster kann man sehen, wie sie jeden zurückgebrachten Einkaufswagen einsprühen und abwischen. Sobald jemand den Laden verlassen hat, bitten sie den nächsten Kunden durch die Tür. „Vielen Dank für ihre Geduld. All diese Einkaufswagen wurden gerade desinfiziert.“
Im Inneren des Ladens geht es merkwürdig ruhig zu. Niemand hetzt. Keiner trödelt. Die Regeln: Von allem darf man höchstens zwei Einheiten in seinen Wagen packen. Ein Einkaufswagen voll Zeug ist das Maximum. Ein Schild am Eingang macht uns auf all dies aufmerksam. Beim Warten in der Schlange bleibt genügend Zeit, die Regeln zu lesen und zu kapieren (fun fact: Ich hab schon mehrfach über die Psychologie von Warteschlangen geschrieben. In den großen Vergnügungsparks gestalten sie die Schlangen so, dass man durch Zugucken lernt, wie das Fahrgeschäft funktioniert. Man muss genügend Zeit haben, mindestens drei Ein- und Aussteigevorgänge beobachten zu können. Dadurch kapieren die Leute viel mehr als durch alle Schilder und Piktogramme. Dies nur am Rande).

„Wir sitzen alle im selben Boot“, sagt das Schild. Man bedankt sich dafür, dass die Kunden auch an die Bedürfnisse der Nachbarn denken.
Die Frau an der Kasse sagt: „Seit Montag haben’s die Leute alle kapiert. Die Kunden sind ’super sweet‘ und benehmen sich.“ Sie lässt sich Zeit, unsere Waren zu scannen und begleitet original jedes einzelne Produkt mit einem aufmunternden Kommentar. „Ah, Pilze, die sind sooo lecker mit Pasta.“ Oder. „Ah, wine! You guys really thought about all the important stuff!“ Sie erkundigt sich, ob wir schon neue Rezepte gegoogelt haben, die wir ausprobieren wollen. You get the idea. Das Gesundheitssystem hier ist ziemlich kaputt. Aber anderen Leuten Mut machen, das haben sie hier drauf wie sonst keiner.
Etwas anderes gefällt mir weniger: Wir hören von einer älteren Bekannten aus der Gegend. Sie hat ihre Kühltruhe in der Garage stehen. Als sie sich gestern ne Pizza holen wollte, war die komplette Truhe leergeräumt. Vielleicht nur Zufall.