Metzger’s Michigan Monday #1

Am Abend lassen wir Coco, die Schäferhündin, immer nochmal kurz raus in den Garten. Sie erledigt dort alles, was zu erledigen ist, um danach eine geruhsame Nacht zu verbringen. Coco ist inzwischen eine alte Hündin, die ihren Weg auf den nachtdunklen Rasen üblicherweise mit gemächlicher Würde zelebriert. Vorgestern jedoch schoss sie an mir vorbei, sobald ich die Tür geöffnet hatte. Unter den Bäumen musste ein Rivale in ihr Revier eingedrungen sein.
Wildtiere – auch wenn sie wehrhaft sind – haben gar keine Lust auf Stress mit einer Schäferhündin. Meist verjagt Coco deshalb alles, was sich in den Garten wagt. Es ist ein einfacher Job mit Gelinggarantie. Coco kommt dann erkennbar stolz zurück ins Haus mit gestellten Ohren und wedelndem Schweif. Diesmal aber kroch sie mit hängendem Kopf zurück ins fahle Licht der Flurlampe. Und als sie sich schließlich verschämt an mir vorbei ins Haus drückte, wusste ich endgültig, was die Stunde geschlagen hatte.
3-Methyl-2-buten-1-thiol (MBT), so verrät mir Wikipedia, ist eine chemisch-organische Verbindung. Sie entsteht unter anderem, wenn man helles Bier zu lange in die Sonne stellt. Das Getränk erhält dann einen so genannten „Lichtgeschmack“, den nur wenige Kenner wirklich schätzen.
MBT ist aber auch eine von mindestens sieben Substanzen, die dem Analsekret des hundeartigen Raubtiers Mephitis mephitis sein typisches Aroma verleiht. Dass dieses Tier gelegentlich durch den Garten meiner Lebensgefährtin streift, wissen wir von unserer Kamerafalle. Zum Beispiel in der groben Aufnahme hier:

Wir haben Coco jedenfalls sofort in die Badewanne gesteckt und im Netz einigermaßen hektisch nach Gegenmaßnahmen gegen „skunk spray“ gesucht. „Tomatensaft“ ist das, was alle im ersten Moment behaupten. Scheint aber nicht wirklich zu helfen. Wir haben uns dann aus Wasserstoffperoxid, Backpulver und Spülmittel einen Brei angeführt, das Fell damit eingerieben, schnell und gründlich ausgespült und noch ne ordentliche Waschung mit Cocos Hundeshampoo nachgelegt.
Was soll ich sagen? Coco stinkt noch 36 Stunden nach dem Zwischenfall, als würde sich jemand direkt neben mir ne dicke Keule anzünden, nen Lungenzug nehmen und mir den Rauch dann mitten ins Gesicht pusten. Es kommt noch ein hart metallisches Aroma dazu, finde ich. Nicki meint überdies, einen groben Erdton wahrzunehmen. Wir können uns gut darauf einigen, dass Coco ein bisschen riecht wie die Altstadt von Amsterdam bei Sonnenuntergang. Kurios auch, dass man über Stunden problemfrei in diesem Duft ausharren kann, dann aber von einem Moment zum nächsten von einem plötzlichen Brechreiz überfallen wird.
Man lernt insgesamt eh nie aus.
Nicki wundert sich, dass es in Deutschland keine Stinktiere gibt.
Ansonsten versuche ich, meinem Teilzeitmitbewohner im Teenie-Alter die deutsche Sprache näherzubringen. Natürlich mit Max und Moritz! Zwei Zeilen kann der Junge schon auswendig. „Jedes legt noch schnell ein Ei – und dann kommt der Tod herbei.“ Ich glaube, er wird sich das für immer merken. Hach, die Hochkultur!
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