bookmark_borderAnstrengende Menschen – und warum’s vielleicht ne gute Idee ist, ab und zu mal Psychologie Heute (oder P.M. oder Geo oder brand eins) zu kaufen

Dieser Tage wieder Podcasts aufgenommen. Kommt alles erst im Jahr 2022 und ist für ne neue Show. Ich kann noch nicht drüber reden – aber ich glaube, die Sache wird gut.

Das T-Shirt ist sehr hässlich, der Kauf war reine Notwehr: Bin völlig durchgeschwitzt aus der S-Bahn gekommen und musste schnell ins Studio. Also: Hurtig rein zu C&A, das Ding gekauft und weiter – nur damit meine beiden Mitstreiterinnen später im Studio nicht total von mir zugestunken werden.

Das war in Hamburg und jetzt hab ich halt die nächsten Podcast-Folgen aus Michigan aufgenommen. Das T-Shirt gehört irgendwie zur Familie und deshalb werd ich das jetzt immer tragen, wenn Aufnahmen anstehen.

Dann ein Wort zur Überschrift: Wohlmeinende Freunde erkennen, dass es sich hier um eine so genannte „Text-Bild-Schere“ handelt. Die Headline sagt „anstrengende Menschen“, auf dem Bild darunter sieht man diesen überaus angenehmen und pflegeleichten Zeitgenossen am Mikrofon. Was soll das? Nun, es handelt sich um ein selbstironisches Statement, denn jeder Mensch kann anstrengend sein, ich natürlich auch. Ich glaube, dass in diesem Moment gleich mehrere Menschen wissend nicken werden.

Jedenfalls habe ich für Psychologie Heute Compact gerade eine größere Story über „Schwierige Beziehungen“ geschrieben. Zeile: „Du bist so anstrengend“. Im Vorspann liest man:

Ganz spanend, oder? 20 Leute, die uns auf die Nerven gehen! Vermutlich fallen jedem von uns zwanglos ein paar Namen ein. Ich bemühe in meiner Geschichte ein paar archetypische Vertreter dieser Menschen- bzw. Beziehungs-Sorte:
– Voldemort,
– die kleine Meerjungfrau,
– Kain – und natürlich seinen Bruder Abel; die beiden kriegt man ja praktisch nur im Doppelpack.
Bei schwierigen Beziehungen scheint häufig unsere Kindheit mit im Spiel zu sein. So als Faustregel lohnt es sich, nochmal einen Blick auf alte Geschwisterkonflikte zu werfen, wenn man denn welche hatte. Relativ häufig bringen wir als Erwachsene nämlich dieselbe Show noch einmal auf die Bühne – nur halt mit ner anderen Besetzung. Besonders interessant wird’s dort, wo wir insgeheim glauben: Bei uns wurden nicht alle Geschwister gleichermaßen von den Eltern geliebt. Davon hat nämlich keiner was, auch die „Lieblingskinder“ scheinen nix davon zu haben, wenn man der Forschungsliteratur glauben darf. Die ungleichverteilte Liebe erschafft tendenziell misstrauische Erwachsene. Misstrauen erschafft schwierige Beziehungen. Zumindest tendenziell.

Die komplette Geschichte steht (wie fast immer bei Psychologie Heute) hinter einer Paywall, man muss sie also kaufen. Oder besser noch: gleich das ganze Heft. Und warum auch nicht? Ohne Leute, die das Heft kaufen, gibt’s das Heft bald nicht mehr. Mit den verkauften Heften bezahlt man Leute wie mich, also Leute, die all die Studien lesen, damit Ihr sie nicht lesen müsst. Ein fairer Deal, wie ich finde. Man wird im Übrigen nicht dümmer von der Lektüre. Oder noch besser: Wenn Ihr noch kein Geschenk zu Weihnachten habt, dann schenkt doch ein Jahresabo! Every penny counts.

In der Dezember-Ausgabe von Psychologie Heute ist außerdem gerade ein Interview erschienen, das ich mit Prof. Michael Siegrist aus Zürich geführt habe. Die Überschrift lautet: „Unsere irrationale Liebe zur Natur“. Siegrist erforscht seit Jahren, was wir alles glauben, fühlen und denken, wenn wir von „Natur“ und „Natürlichkeit“ sprechen. Antwort: Wir glauben, fühlen und denken dabei ne ganze Menge. Und vieles davon ist totaler Quatsch. Das hat Folgen. Man kann uns darüber zum Beispiel Dinge verkaufen, die wir eigentlich gar nicht brauchen und wollen.

Auch diese Story steht natürlich hinter einer Paywall. Es hilft alles nix.

Aber ein paar Sachen kann ich vielleicht daraus zitieren, sozusagen als Teaser. Also hier:

„Wir haben dazu eine Studie gemacht. Da haben wir eine Schokomousse gekauft und ein paar Probanden zu einer Verkostung eingeladen. Der einen Gruppe haben wir gesagt: „Da ist natürliches Vanille-Aroma drin.“ Der zweiten: „Da ist künstliches Vanillin drin.“ … Dann haben wir gefragt, wie gut es geschmeckt hat – und einen signifikanten Unterschied zwischen den Gruppen entdeckt. Den Menschen mit dem natürlichen Vanille-Aroma hat die Sache messbar besser geschmeckt als den Menschen mit dem synthetischen Vanillin – obwohl alle genau das Gleiche gegessen haben.

Wir reden auch über die religiösen Motive in unserer „Natürlichkeits-Verzerrung“. Wenn Euch die Sache interessiert, kauft bitte das Heft. Wie gesagt: Ihr haltet damit einen Berufsstand am Leben. Ich sag das übrigens weniger für mich selbst, als es jetzt den Anschein hat. Wenn’s keinen Wissenschaftsjournalismus mehr gibt, dann mach ich halt was anderes. Jobs gibt’s genug (und sie werden meist auch deutlich besser bezahlt). Aber wie gesagt: Im Moment gibt’s Leute, die viele, viele Studien lesen, damit Ihr das nicht machen müsst. Und wer möchte, dass das so bleibt, der wird über einen gelegentlichen Kauf der entsprechenden Produkte nicht herumkommen. Es geht also mehr so ums große Ganze.

So. Musste mal wieder raus.

Bestellt der Person an der Kiosk-Kasse bitte schöne Grüße von mir.

P.S.: Mein Kumpel Kai hat mir gerade die Seite 3 der aktuellen PH-Ausgabe als Handyfoto zugeschickt. Ich stehe offenbar in der Zeitung – mit Foto und intimen Details aus meiner Jugend. Was kommt als nächstes???

bookmark_borderAmerika und die Männermode

Man hat mich wiederholt gebeten, ein paar Worte über die hiesige Modewelt zu verlieren. Das ist problematisch. Wer mich kennt, weiß, dass ich selten Geld für Kleidung ausgebe. Ergo: Glashaus. Steine. Aber ich will auch keinen im Regen stehen lassen. Hier also meine Analyse.

Sprechen wir zunächst von den Männern. Alle Männer in Michigan tragen exakt das Gleiche. Im Sommer: Cargo Shorts. Im Winter: Jeans. Zu festlichen Anlässen darf es eine Leinenhose sein. All diese Hosen haben eins gemeinsam: Sie bieten ihrem Träger in allen Körperbereichen SEHR viel Raum. Mehr Raum, als man in Europa üblicherweise bekommt, so viel steht fest.

Herren-Oberbekleidung im engeren Sinne gibt es nicht. Keine Hemden, keine Pullover, keine T-Shirts. Vielmehr trägt der erwachsene Mann in Michigan einen ausrangierten Kartoffelsack, in den man drei zusätzliche Löcher für Kopf und Arme geschnitten hat. Wer es finanziell geschafft hat, lässt ein paar Knöpfe auf die Vorderseite nähen, damit der unförmige Fetzen entfernt hemdartig wirkt. Distinktion ist alles! Dann färbt man ein schlampiges Karomuster auf den Stoff – fertig! Das Ganze ist für gewöhnlich eine Investition fürs Leben!

Weil der Haarausfall auch hier nur wenige Männerhäupter verschont, trifft man nicht selten auf fantasievolle Kopfbedeckungen, mit denen die Einheimischen ihre Platte vor den Strahlen der Sonne (im Sommer) oder den unangenehm eisigen Winterwinden zu schützen trachten.

Von all diesen Moderegeln ist jedoch eine demographische Gruppe ausgenommen. In Ann Arbor legt man enormen Wert auf Sport, weshalb Jahr für Jahr einige der besten Jung-Athleten der Welt mit großzügigen Stipendien an die Hochschule gelockt werden. Für jeden solchen Football-, Basketball-, Eishockey- oder was-auch-immer-Adonis hat die Gouverneurin vor einigen Jahren die berühmte „No-Shirt-Rule“ von Michigan erlassen: Die Jungs dürfen, sobald sie ihr Grundstück verlassen, grundsätzlich keine Oberbekleidung tragen. Zumindest in der Zeit zwischen Memorial Day (letzter Montag im Mai) und Labor Day (erster Montag im September). Das Gesetz dient zur Stärkung der öffentlichen Moral – unter anderem deshalb, weil die permanente Begegnung mit diesen Waschbrettbäuchen die Eingeborenen zu regelmäßigeren Leibesübungen drängt. Die Sache funktioniert: Auch ich habe die Zahl meiner monatlichen Liegestütze zuletzt um 20 Prozent gesteigert.

Zu den Frauen kann ich wenig sagen. Die sind hier alle super angezogen.