In welchem Alter hören wir auf an den Weihnachtsmann zu glauben (oder an den Nikolaus)?
Na? Habt Ihr alle schon in Eure Stiefel geschaut? Hat der Nikolaus sie Euch gefüllt? Mit Früchten, Nüssen, Süßigkeiten? Vielleicht mit einem grünen Zweig?
Die meisten von Euch haben vermutlich NICHT nachgeschaut. Denn Ihr habt aufgehört, an den Nikolaus zu glauben, an den Osterhasen, die Zahnfee, das Christkind, den Weihnachtsmann und das reine Herz der Pharmaindustrie.
Ein Jammer.
Als ich ein Kind war, kam stets am 6. Dezember tatsächlich der Nikolaus zu uns. Mein Onkel hatte sich so gut verkleidet, dass wir ihn nicht erkannten und aus schauspielerischer Perspektive gab er in diesen Minuten wirklich ALLES. Er polterte mit rauer Stimme, drohte und rasselte mit seiner Kette. Wir standen vor ihm in unseren Schlafanzügen und wussten: Beim Nikolaus war alles möglich. Die Spanne des Denkbaren reichte von einer tüchtigen Prügelstrafe mit Stock und Rute (von seiner Seite: stets angesprochen, aber nie vollzogen) über eine Entführung in seinem staubigen Erntesack bis zu gnädig (weil völlig unverdient) überreichten Süßigkeiten oder kleinen Geschenken. Irgendwann stellten wir aber zu viele Fragen. Der Nikolaus kam nicht mehr ins Haus, sondern hinterließ die Gaben („er hat in diesem Jahr zu viel Arbeit“) nur noch vor der Hintertür. Aufgeflogen ist er nie. Gut gemacht, mein Onkel!
Dieser Tage bin ich im Fachblatt „Developmental Psychology“ über eine neue psychologische Studie gestolpert, in der kluge Menschen aus Texas und Virginia beschreiben, in welchem Alter wir eigentlich aufhören an … naja … nicht direkt: den Nikolaus, sondern natürlich „Santa Claus“ zu glauben.
Demnach vollzieht sich dieser Moment des Erwachens im Durchschnitt mit rund acht Jahren, allerdings „with significant variability“: Manche Kinder kapieren schon im Kindergarten, dass es Santa Claus nicht gibt, andere Teilnehmer der Studie haben’s erst mit zwölf gecheckt (also in der 6. oder 7. Klasse, was man sich echt mal kurz auf der Zunge zergehen lassen muss).
Die meisten beschreiben die Sache als einen eher schleichenden Prozess, nur wenige erleben einen plötzlichen Heureka-Moment.
Wie fühlen sich die Kinder danach? Nun, einige sind ganz froh darüber, vor allem, wenn sie auch nach der Entzauberung der magischen Gestalt weiterhin ihre Geschenke kriegen. Gleichwohl: Fast die Hälfte der Kinder durchleidet eine Phase voller negativer Emotionen, sie fühlen sich zum Beispiel traurig (vielleicht, weil sie merken, dass gerade ein Stück Kindheit endet) oder wütend (weil die Eltern gelogen haben). Offenbar sind Kinder aber gut im Verzeihen: Nur bei den wenigsten scheint die generelle Glaubwürdigkeit der Eltern unter dem Nikolaus-Skandal zu leiden. Beruhigend auch, dass die Forschenden keinerlei langfristigen Folgen des Schocks bei den Kindern feststellen konnten. Die meisten sagen, dass sie ihren Kindern später dasselbe Märchen auftischen wollen: „the vast majority of both children and adults reported they would celebrate Santa with their own children or were already doing so“. Endlich mal eine Studie mit tröstlichem Ende.
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