bookmark_borderWie teuer ist eine Covid-19-Behandlung in den USA?

Hab in den vergangenen Tagen wieder regelmäßig die NBC-News mit Lester Holt geguckt. Hab ja neulich schon mal über ihn geschrieben. In vielen Staaten der USA gehen die Covid-19-Fälle stark nach oben. Weiß man schon. Klar auch: Das hat Auswirkungen auf die Auswahl der Nachrichten. Es gibt jetzt jeden Tag wieder längere Beiträge zur Pandemie.

Manchmal kommen die interessantesten Infos da so ganz beiläufig daher. Etwa hier: Das Medikament Remdesivir kostet die Patienten ne Menge Geld. Privatpatienten zahlen für eine 5-Tages-Behandlung 3120 Dollar.

Ich hab nachgeguckt. Die US-Behörden empfehlen in ihren Richtlinien für Remdesivir tatsächlich eine fünftägige Behandlung. In einigen Fällen kann man die Behandlung auf zehn Tage ausweiten.

Eine Rechnung von 6240 Euro für ein Medikament? Da zuckt der Europäer in mir kurz zusammen. Die Summe ist jedoch ein Klacks verglichen mit der Rechnung, die ein Covid-19-Patient in Seattle kürzlich bekommen hat. Das Ding war 181 Seiten lang – und belief sich auf mehr als 1,1 Millionen Dollar. Einen Teil der Kosten kriegt der gute Mann von der Krankenversicherung zurück. Ein Skandal ist es trotzdem, wie auch der Guardian treffend festgestellt hat. Im dortigen Kommentar geht es auch um den Fall der New Yorkerin Janet Mendez, die nach ihrer Covid-Genesung auf einer 75.000-Dollar-Rechnung sitzen bleibt, die sie offenbar von keinem erstattet bekommt. Ihre ursprüngliche Rechnung hatte bei über 400.000 Dollar gelegen. „In keiner zivilisierten oder vernünftigen Gesellschaft sollte jemand das durchmachen, was Mendez erlebt hat“, kommentiert der Guardian.

Ansonsten ist man hier ein bisschen geschockt darüber, dass die EU zwar die Grenzen öffnet – nicht aber für US-Bürger.

Beschämt vermerkt NBC, dass man jetzt nicht zu den „guten Ländern“ gehört (Algerien, Australien, Kanada, Ruanda) – sondern zu den nicht so guten (Russland, Brasilien).

CNN erklärt die Sache ganz einfach mit einer Grafik.

Donald Trump scheint das auch nicht so super zu finden. So zeigt ihn NBC.

Auf Twitter gibt er derweil China die Schuld an allem.

Was war noch? Ach so. Mein Handy ist ins Wasser gefallen. Ich war mir schon sicher: Das wird nix mehr (ist schließlich ein etwas älteres Modell). Aber dann hab ich das Ding ein paar Tage lang in Reis gelegt. Jetzt geht’s wieder. Jonny sagt: Der Trick ist uralt. Kann ja sein. Aber wenn er funktioniert, wundert man sich trotzdem.

bookmark_borderZieht Obama nach Ann Arbor?

President Barack Obama is photographed during a presidential portrait sitting for an official photo in the Oval Office, Dec. 6, 2012. (Official White House Photo by Pete Souza)

Es gibt ja überall Gerüchte, egal, wo man sich gerade aufhält. Mein Lieblingsgerücht in den vergangenen Woche: Die Obamas haben sich ein Haus in Ann Arbor gekauft.

So ganz abwegig ist die Geschichte nicht (was ja für fast jedes tüchtige Gerücht gilt). Denn Sasha, die jüngere der beiden Obama-Töchter, studiert seit vergangenem Jahr an hiesigen Uni. Warum also nicht gleich das ganze Team nach Michigan verlegen?

In den sozialen Medien wird immer mal wieder über einen Umzug der Familie spekuliert. Zum Beispiel auf Reddit:

Jemand, der offensichtlich in Immobilien macht, hat sich sogar auf ein bestimmtes Viertel festgelegt. Barton Hills liegt auf der anderen Seite des Sees, über dem ich hier regelmäßig die Sonne aufgehen sehe.

Hübsche Ecke. Man kann da wohl auch Golf spielen. Der Club berechnet eine Aufnahmegebühr von 16.000 Dollar. Der Monatsbeitrag von 701 Dollar kommt obendrauf. Nicht billig. Aber dafür hat man auf dem Platz seine Ruhe. Nach allem, was man so hört.

Immer, wenn ich jetzt in der Gegend unterwegs bin, beginnt das Rätselraten. Welche Hütte ist es denn jetzt? Etwa die da oben? Nein. Vermutlich zu schäbig.

Wie gesagt: Die Sache ist nur ein Gerücht. Aber wer weiß. Vielleicht seh‘ ich ja bald auf der anderen Seeseite Security rumlaufen und Hubschrauber landen. Wenn’s soweit ist, sag ich jedenfalls Bescheid.

Versprochen!

bookmark_borderDer Trick mit den gefälschten Anzeigen

Heute geht’s darum, wie man mit gefälschten Anzeigen Geld verdienen kann.

Das Bild oben zeigt die Titelseite des „Ann Arbor Observer„. Das ist das hiesige Stadtmagazin. Und weil ich ja selber meinen ersten Job bei einem Stadtmagazin hatte – dem „Diabolo“ in Oldenburg – guck ich mir solche Druckerzeugnisse immer mit großem Interesse an.

Und man muss zugeben: Neben den üblichen Lokal-Geschichten und dem Veranstaltungskalender hab ich da ein paar Dinge gefunden, die ich klasse fand. Zum Beispiel steht in jedem Heft die „Crime Map“ des Vor-Vormonats: Wo haben welche Verbrechen stattgefunden? Mord, Raub, Einbruch, Autodiebstahl, Sexualdelikte – alles ist da. Der Juni-Ausgabe kann ich entnehmen: Dank Corona ist die Zahl der Gesetzesübertretungen im Vergleich zum Vorjahr erheblich zurückgegangen.

In ähnlichem Stil gehalten ist die Immobilienseite. Man kann sehen, wo gerade Häuser und Wohnungen feilgeboten werden – und zu welchem Preis. Praktisch!

Jetzt komme ich zur cleversten Idee von allen. Das Heft lebt, wie jedes Stadtmagazin, vor allem von den lokalen Anzeigen. Der Observer hat ne Menge davon. Restaurants, Immobilienmakler, Ladenbesitzer – wer was auf sich hält, hat hier ne Anzeige drin. Print hat aber seit je ein Problem: Woher weiß man, ob überhaupt jemand die Anzeige liest? Die Leute vom Observer machen nun dies: In jedem Heft ist eine Anzeige gefälscht. Wer findet sie? Auflösung: im nächsten Heft. Ist das nicht klasse? So verlockt man die Leute dazu, sich jede Anzeige ganz genau anzugucken: Ist das echt? Ist das gefälscht? Im Juniheft schreiben sie, dass beim letzten Mal immerhin 55 Leute die richtige Lösung gefunden haben.

So kann man mit „Fake Ads“ Geld verdienen.

Hm.

Vielleicht sollte man das mit den ganz normalen Zeitungsmeldungen auch mal so machen.

Jedenfalls: Print lebt noch immer.

bookmark_borderWie Detroit seine Bürger überwacht – und die Frage: Will man das?

Dieser Tage habe ich zum ersten Mal von einer heftigen, fast chinesischen Überwachungsmethode gehört, mit der die Polizei in Detroit arbeitet – allerdings in einer knallhart kapitalistischen Variante. Die Sache nennt sich „Project Green Light“ und funktioniert so: Als Ladenbesitzer (aber auch: als Schule, Kirche) kauft man sich für 4000 bis 6000 Dollar ein System von Überwachungskameras, dazu kommt ein amtliches grünes Alarmlicht. Das Ding blinkt rund um die Uhr (kein Spaß für die Nachbarn). Jeder kann also sehen: Aha, hier sind Kameras installiert. Die Bilder der Kameras gehen live zur Polizeistation. Dort sieht das Ganze dann so aus:

Derzeit sind knapp 600 solcher Systeme überall in der Stadt installiert.

Es gibt eine offizielle Landkarte, auf der jedes Green-Light-System eingetragen ist.

Die Polizei arbeitet parallel mit einer Gesichtserkennungs-Software, um bei etwaigen Verbrechen sehen zu können, wer die Tat begangen hat. So zumindest die Idee dahinter. Klingt nach einer Überwachung im chinesischen Stil. Allerdings mit dem Twist, dass Firmen und Ladenbesitzer dafür bezahlen. Die Sache ist ein Geschäftsmodell. Den zusätzlichen Schutz durch die Polizei gibt’s nur für diejenigen, die ihn sich leisten können. Man ist bei der (staatlichen) Polizei sozusagen privatversichert. Wär das in Deutschland denkbar? Glaub ich nicht. Aber vielleicht hab ich auch zu wenig Ahnung davon.

Die Technologie der Gesichtserkennung ist ziemlich umstritten. Sie funktioniert nicht besonders gut. Und sie ist rassistisch. Bei Afro-Amerikanern ist die Fehlerrate je nach Algorithmus z.T. 100 Mal höher als bei weißen Gesichtern. Das zumindest ist das Ergebnis einer aktuellen Studie der US-Regierung. Eigentlich unglaublich, dass man so eine Technologie trotzdem schon im Einsatz hat – vor allem in einer Stadt wie Detroit, in der mehr als 80 Prozent der Einwohner Afro-Amerikaner sind.

Dass die Technologie so fehlerhaft ist, hat vielerlei Gründe. Einer davon: Künstliche Intelligenz ist nur so gut wie die Datensätze, an denen sie trainiert wurde. Wenn man vornehmlich weiße Gesichter in den Trainingsdaten hat, sehen Gesichter mit dunkler Hautfarbe für den Computer sozusagen „alle gleich aus“. Ähnliche Effekte gibt es überall, wo man mit Künstlicher Intelligenz arbeitet. Es ist eines der großen Probleme der Technologie.

Prof. Christian Sandvig von der University of Michigan hat vor einigen Tagen ein Youtube-Video dazu hochgeladen, das er mit der Bürgerrechtlerin Tawana Petty geführt hat. Ich habe das Interview unten verlinkt. Tawana sagt darin: „Am Ende können Leute eingesperrt werden für Verbrechen, die sie nicht begangen haben.“ Sie spricht sogar von „Massenverhaftungen“ Unschuldiger.

Tawana Petty sagt: In einer Stadt in der das mittlere Einkommen bei 27.000 Dollar pro Jahr liegt, senkt man die Kriminalitätsrate, in dem man für bessere Lebensbedingungen und bessere Nachbarschaften sorgt – und nicht, in dem man öffentliche Mittel für noch mehr Überwachung ausgibt.

Eine andere Frage lautet: Hat sich die Sache überhaupt auf das Verbrechen in der Stadt ausgewirkt? Tja. Geht so. Das Projekt läuft seit 2016. Angeblich werden seither weniger Autos geknackt. Einige Ladenbesitzer behaupten, dass sie durch die Kameras mehr Kunden haben und die Leute sich bei ihnen „sicherer“ fühlen (z.B. in den Kommentaren hier). Für den Bürgermeister ist die Sache ein Erfolg. Er träumt davon, die Zahl der Kameras auf 1000 auszuweiten.

Die Sache steht – nüchtern betrachtet – auf sehr wackeligen Füßen. Als Gast aus Deutschland frage ich mich ja bei fast allem hier: Will man das auch bei uns haben? In diesem Fall glaube ich: Man will das bei uns eher nicht haben.

bookmark_borderNach Hamburg ohne Quarantäne?

Hab mir jetzt ein Ticket zurück nach Deutschland gebucht – Ende Juli geht der Flug. Nach unserer abenteuerlichen Autofahrt quer durch die USA Ende März (Tag1, Tag2, Tag3), wird das meine zweite größere Reise während der Pandemie. Muss ich mich nach der Landung für 14 Tage einschließen? Keine Ahnung. Mal Google fragen.

Hm. Offenbar nicht. Für die USA gelten differenzierte Regeln. Aus manchen Staaten muss man in Quarantäne, aus anderen nicht. Michigan steht im Moment ganz gut da und ist kein Risikogebiet. Vor ein paar Tagen diese Landkarte hier gesehen: Das grüne Ding am oberen Rand, das aussieht wie ein Winterfäustling mit dem Profil eines langnasigen Schweineschädels schräg darüber, das ist Michigan. Grün bedeutet: Liegt gut in der Spur. Der andere grüne Staat ist New York. Ausgerechnet. Die beiden waren im März und April noch mit die Schlimmsten von allen.

Dass die Seuche hier gerade Pause macht, hätte ich aber auch ohne offizielle Zahlen sehen können. Nämlich: an den Schlagzeilen der Regionalpresse. Als die Coronawelle mit Schaumkronen obendrauf durch Michigan gerollt ist, gab’s dort kaum ein anderes Thema.

Aber was haben wir heute? Ich zähl das mal so auf – sozusagen in Erfüllung meiner Chronistenpflicht.

  1. In Teilen von Michigan wird es heute praktisch nicht regnen. Das ist die Titelstory!
  2. Ein urlaubender Feuerwehrmann hat eine Frau gerettet, die am Strand einen Herzstillstand hatte.
  3. Am Wochenende hat’s fünf Unfälle mit Geländefahrzeugen gegeben. Der Sheriff sagt, das sei für seinen Geschmack „ein bisschen viel“ gewesen.
  4. Ein 63-jähriger Motorradfahrer ist bei einem Verkehrsunfall ums Leben gekommen. Er hatte Vorfahrt, eine Autofahrerin hat ein Stoppschild überfahren. Die Polizei sagt: Es waren waren Drogen im Spiel.
  5. Eine 21-jährige Frau wurde aus einem vorbeifahrenden Wagen angeschossen. Die Polizei sucht nach den Verdächtigen.
  6. Vorige Woche wurde in Ann Arbor eine Frau angeschossen. Jetzt hat die Polizei einen 35-jährigen Verdächtigen festgenommen.
  7. Ein 19-Jähriger hat für einen Mord an einem Obdachlosen mindestens 22 Jahre Knast bekommen.
  8. Ein 42-Jähriger ist in der Nacht von Freitag auf Samstag zu Fuß über die Autobahn gerannt. Mindestens zwei Autos haben ihn erfasst, jetzt ist der Mann tot. Warum das alles? Die Polizei ermittelt.
  9. Ein 96-jähriger Weltkriegsveteran hat eine Covid-19-Erkrankung überstanden und jetzt zum ersten Mal seinen kleinen Ur-Enkel gesehen.
  10. Eine 25-jährige Frau wurde nach einer Verfolgungsjagd von der Polizei gestellt. Sie war – besoffen und offenbar auch anderweitig berauscht – mit mehr als 160 Sachen über die Autobahn gebrettert und hatte dabei andere Autofahrer per Lichthupe von der Überholspur gescheucht.

Wir sind also „back to boring“. Interessant, dass so viele Sachen berichtet werden, in denen Leute in Uniform „die Guten“ sind und einfach ihrem Tagwerk nachgehen. Es gibt auch drei Meldungen zu Black Lives Matter – aber halt auch noch viel mehr Polizei-, Unfall-, Crime usw.-Storys als die zehn, die ich genannt habe. Die Pressestelle der Polizei schreibt sozusagen die Zeitung voll. Interessant. Ist die Regionalpresse in Deutschland besser? Ich glaube schon.

Am Abend außerdem ein merkwürdiges Insekt im Garten entdeckt. Sieht aus wie ein Mix aus Wespe und Gottesanbeterin.

Wie immer: Das Netz weiß alles. Es handelt sich um einen Fanghaft. Ich habe den Begriff noch nie zuvor gehört. Und wenn doch, dann hab ich das sehr gründlich vergessen. Wikipedia sagt: Die Viecher waren schon vor mehr als 40 Millionen Jahren unterwegs und haben damals wohl schon genau so gejagt wie heute.

bookmark_borderAbraham und die Verlustaversion

Das obige Straßenschild ist mir bei einem Spaziergang durch Ann Arbor begegnet. Würde man bei uns so nicht machen, glaube ich.

Das bringt mich natürlich sofort zur Geschichte von Abraham. Die Juden beziehen sich auf ihn, die Christen, die Moslems. Seine Story ist ein Welterfolg. Sie geht so: Ein wohlhabender Typ hat nachts eine göttliche Vision und verlässt seine alte Heimat, um sich eine neue zu suchen. Später wird er zum Stammvater eines Volkes.

Ich habe als Kind und Jugendlicher nie kapiert, was so groß sein soll an dieser Geschichte. Dann aber habe ich bei den Psychologen etwas gelernt, bei dem ich gedacht habe: Aha!

Dort spricht man vom Phänomen der „Verlustaversion„. Es besagt: Wenn man etwas hat, dann tut der Verlust dieses Besitzes mehr weh als der Gewinn des Besitzes einem Freude bereitet hat. Und zwar – so als Faustformel – in etwas doppelt so sehr.

Genau das ist der Schlüssel. Abraham war kein Habenichts, den eine irische Hungersnot nach Amerika trieb. Er hat sozusagen im Silicon Valley gelebt und sein eigenes Startup betrieben. Dem ging’s wirklich gut. Und er ist trotzdem fortgegangen. Ins Blaue. Er hatte keine Ahnung, wo’s lang gehen sollte. Er hatte nur ein Versprechen: Du wirst Nachfahren haben, die so zahlreich sind wie die Sterne am Himmel. Man kann sie nicht zählen.

Die Geschichte von Abraham ist deshalb cool, weil sie dem widerspricht, was Menschen üblicherweise tun. Die meisten Menschen hätten nämlich gesagt: Ich bleib lieber zu Hause.

Die Story mit Isaak später, dem sehr späten Sohn, den Abraham bekommt und den er dann opfern soll – die treibt die Sache mit der Verlustaversion noch einmal auf die Spitze. Abraham kriegt (uralt) ENDLICH die Belohnung, die ihm versprochen wurde. Den ersehnten Stammhalter (ohne Stammhalter: kein Volk, keine Sterne am Himmel usw.). Und dann soll er die Belohnung wieder hergeben und den Sohn opfern. Ziemlich grausam, wenn man so drüber nachdenkt. Auch da hätten die meisten Menschen schon damals gesagt: Nö, das mach ich nicht. Abraham hat die Sache aber trotzdem durchgezogen. Naja. Oder: hätte. In letzter Sekunde kommt ein Engel geflogen und sagt: „War nur ein Test – Du hast bestanden.“

Die Moral von der Geschichte lautet vermutlich: Im Spirituellen muss man manchmal auf die Psychologie pfeifen – und genau das Gegenteil machen.

Tja. Mist. Ich hätte DAS hier als Wort zum Sonntag schreiben sollen. Jetzt ist es halt das Wort zum Montag geworden. Egal. Kommt gut in die Woche!

bookmark_borderProbleme, Probleme – ist es „too much“ oder „too many“?

An einem Badesee in der Nähe gewesen. Wollte ausprobieren, wie bescheuert die Kombination aus Maske, Hut und Taucherbrille aussieht. Antwort: sehr bescheuert.

Vor der Liegewiese stand das obligatorische Hinweisschild zu Corona.

Und um ein Haar hätte ich das kleine Juwel unten in der Ecke verpasst. Die Scherzkekse von der Kreisverwaltung haben doch tatsächlich „Disco Dance“ mit auf die Verbotsliste gesetzt. Humor haben sie manchmal, diese Amerikaner!

Ansonsten über das Phänomen der Überforderung nachgedacht. Die Momente, in denen einem – oft sehr plötzlich – „alles zu viel“ wird.

Im Englischen gibt es dafür zwei Formulierungen. Es ist „too much“ oder „too many“. „Too much“: All das Holz, das der Sturm von den Bäumen geschmissen hat. „Too many“: All die Äste, die jetzt auf dem Waldboden liegen. „Too many“ kann man zählen, „too much“ kann man höchstens messen.

Mir ist irgendwann aufgefallen, dass Überforderung oft nicht daher kommt, dass die Probleme zu schwer zu lösen wären. Sondern daran, dass es zu viele sind, die einem gleichzeitig auf die Pelle rücken. Acht verschiedene Probleme gleichzeitig sind praktisch für jeden ein Knockout. Man fängt dann an durchzudrehen und die Leute in seinem Umfeld zu nerven.

Die Kinder hier scheinen das zu wissen. Sie haben die Äste im Wald zu kleinen Hütten gebündelt. Schon sieht das Chaos irgendwie geordnet aus, obwohl noch genau so viel Holz Bodenkontakt hat.

Und hier. Der Wald ist gerade voll mit diesen Gebäuden. Zwei Fotos genügen. Sie sehen alle gleich aus.

Warum ist das alles so? Im Studium hab ich noch gelernt, dass man nur sieben Elemente in seinem Arbeitsgedächtnis behalten kann. Bei ganz wenigen Leuten sind es neun, bei einigen nur fünf. Mit sieben kommt man aber ganz gut hin. Die Sache lässt sich kaum oder gar nicht trainieren. Man muss also damit leben.

Vor einiger Zeit habe ich eine Geschichte für Brand Eins gemacht und zur Vorbereitung das extrem spannende Buch „Scalable Innovation“ von Eugene Shteyn und Max Shtein gelesen. Darin finde ich folgende Passage:

„Neue Analysen zeigen jedoch, dass 7 ± 2 die Kapazität unseres Arbeitsgedächtnisses überschätzt. Wenn man gebündelte Blöcke untersucht, können Erwachsene nur drei bis vier Einheiten speichern“

Shteyn/Shtein: Scalable Innovation

Möglich also, dass in Wahrheit schon fünf Probleme „too many“ sind.

Mein Tipp an mich selber (und alle, die’s interessiert) lautet also: Bei einer gefühlten Überforderung erstmal durchatmen und zwei der Themen verschieben. „Sorry, Jungs, aber das müssen wir morgen regeln.“ Und dann mal gucken, was passiert. Bei mir passiert: oftmals eine schnelle Beruhigung. Hab ich auch bei anderen schon beobachtet. Probleme sind häufiger „too many“, als man glaubt.

Am Abend haben wir übrigens „Dungeons & Dragons“ gespielt. Hat Spaß gemacht, ich kann das empfehlen – zumindest, wenn man einen tüchtigen „Dungeon Master“ am Start hat. Das war bei uns der Fall. Der junge Mann wird bald 13. Kein schlechtes Alter.

bookmark_borderWie sagt man zu Glühwürmchen?

Vor ein paar Jahren hatte ich mal regelmäßig mit Leuten vom Dudenverlag zu tun. Die wussten alle sehr viel. Einmal zum Beispiel sagte eine mir unbekannte Kollegin am Telefon: „Ah, Sie kommen aus dem Südwesten.“ Ich wohnte damals schon eine Weile in Hamburg und mein Hochdeutsch war weitgehend akzentfrei. Woher wusste sie das? Ganz einfach: Sie konnte es an meinem Nachnamen ablesen. Bei wem man seine Wurst kauft, das hängt nämlich davon ab, wo man wohnt.

Ich habe inzwischen erfahren, dass es auch in Amerika solche Phänomene gibt. Zum Beispiel neulich. Da spielten nach Sonnenuntergang ein paar Glühwürmchen im Gebüsch. Wie schön!

Aber wie sagt man zu den Viechern eigentlich? „Glowworms“? Naja. Die Leute verstehen, was man damit meint. Den Begriff gibt’s wirklich. Tatsächlich sagen viele Michiganders „Lightning Bugs“ dazu. Andere – auch die Zugereisten von der Westküste – bevorzugen dagegen das Wort „Fireflies“.

Wo verläuft die Grenze? Dazu habe ich vorhin eine interessante Geschichte gelesen. Dort findet sich diese Landkarte:

Kluge Gelehrte haben im Übrigen herausgefunden, dass womöglich die örtlichen Naturerfahrungen etwas damit zu tun haben. Hier kommt die Landkarte der Blitzeinschläge.

Und hier die Landkarte der Waldbrände.

„Aha!“, denkt man da. „Wo’s brennt, sagt man Firefly, wo’s gewittert, spricht man vom Lightning Bug.“

Ein Beweis ist das natürlich nicht. So heißt es auch im erwähnten Artikel, den ich allein deshalb und aus Dankbarkeit hier gleich nochmal verlinke. Eine gute Geschichte ist es trotzdem. Und was macht man mit guten Geschichten? Man erzählt sie weiter. Is einfach so.

bookmark_borderKeine Ahnung von fast allem

Manchmal steh ich schon vor sechs Uhr auf, um mir den Sonnenaufgang über dem See anzugucken. Die Sonne geht im Osten auf. Das krieg ich gerade noch hin.

Aber ansonsten – da kann man machen, was man will – hat man ja keine Ahnung von fast allem. Stimmt nicht? Gut. Dann heute mal ein bisschen Ernüchterungsunterricht. Es wird eine Art Quiz. Vielleicht macht’s sogar Spaß. Bitte nicht googeln!

Wie viele dieser Fragen könnt Ihr beantworten?

  1. Welche Stadt hat Kaiser Julian beim Feldzug gegen die Sassaniden vergeblich belagert?
  2. Welcher Mönch gründete 695 auf einer Rheininsel im heutigen Düsseldorf ein Benediktinerkloster?
  3. Wann wurde zum ersten Mal die Stadt Salzwedel urkundlich erwähnt?
  4. Wer führte das Heer der Hussiten in der Schlacht bei Aussig im Jahr 1426?
  5. In welcher Schlacht errang Napoleon seinen letzten Sieg?
  6. In welchem Jahr wurde der Prager Pfingstaufstand niedergeschlagen?
  7. Wie nannte man den Kartoffelkäfer im Jahr 1950 in der DDR? (meine persönliche Lieblingsfrage)
  8. Wie hieß der Vorgänger von Klaus Wowereit als Regierender Bürgermeister von Berlin?
  9. Wie hieß die im Jahr 1947 im Saarland eingeführte Währung?
  10. Wann wurde in Japan der Verkauf der Antibabypille erlaubt?
  11. Wann flog die erste Frau ins Weltall?
  12. Wer schrieb die Operette „Hans Max Giesbrecht von der Humpenburg oder Die neue Ritterzeit“?
  13. Wie viele Passagiere überlebten den Untergang der „Drummond Castle“ im Jahr 1896?
  14. Wer war Johan Fredrik Eckersberg?
  15. Wie alt war Johan Fredrik Eckersberg, als der Apachen-Häuptling Geronimo geboren wurde?
  16. Wer hat Schuld am Bloomsday?

Bevor Ihr doch anfangt zu googeln: Alle Antworten gibt es auf der Wikipedia-Seite für den 16. Juni. Man könnte das eigentlich jeden Tag machen und Preise verteilen.

bookmark_borderCoco und der Angelhaken in der Pfote

Coco ist gerade zurück aus der Tierklinik, wo man ihr unter Betäubung einen dreifachen Angelhaken aus der Pfote geholt hat. Sie ist ziemlich fertig.

Beim Spaziergang am See hatte sich zunächst eine angenehmere Art der Aufregung angekündigt: Menschen, die arbeiten!

Naja. Eher: „Männer, die arbeiten.“ Darüber sollte bei der Stadtverwaltung mal jemand nachdenken.

Das gilt auch für mindestens einen der Angler (oder der Anglerinnen) am See, der (oder die) offenbar seinen (oder ihren) Wobbler auf dem grasigen Damm hat liegen lassen. Warum ist das passiert? Tja. Ich kann nur spekulieren. In der Dunkelheit nicht wiedergefunden? War Alkohol im Spiel? Eine generelle Tendenz zur Unzuverlässigkeit? Drogen?

Fest steht, dass Coco sich das Ding in die Hinterpfote getreten hat. Die Tierärztin hat zwei der Spitzen (inklusive Widerhaken) mit einer Zange abgeknipst (siehe die rote Markierung unten), um sie dann sauber aus der Pfote zu holen und die Wunde zu desinfizieren. Wir haben das Beweisstück sogar mit nach Hause bekommen.

Ich hoffe, der Hund wird bald wieder.

Und ansonsten: Kinder, räumt eure Sachen auf.